Krötenjagd eröffnet

Das seit 2002 geltende bundesweite Verbot von Studiengebühren ist nichtig.

„Das Ziel, möglichst breiten Kreisen der Bevölkerung den Zugang zum Hochschulstudium zu eröffnen, erfordert eine bundeseinheitliche Regelung nicht“, so die Karlsruher Verfassungsrichter in der Urteilsbegründung. Weiter heißt es: „Ein Bundesgesetz wäre erst zulässig, wenn die Erhebung von Studiengebühren in einzelnen Ländern zu einer erheblichen Benachteiligung führt.“

Damit hat das Gericht nun endgültig den Weg für Studiengebühren in den Ländern frei gemacht. Die Einführung von Gebühren fürs Erststudium gilt somit in mindestens fünf Bundesländern als sicher. Zwar forderte der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) nach der Urteilsverkündung eine bundeseinheitliche Regelung für Studiengebühren, dem erteilte sein hessischer Kollege Roland Koch (CDU) jedoch eine Absage. „Wenn wir Wettbewerb wollen, macht nach meiner persönlichen Überzeugung eine einheitliche Gebühr wenig Sinn“, so Koch.

Die Höhe der zu zahlenden Studiengebühren befindet sich derweil noch in reger Diskussion. Der baden-württembergische Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) favorisiert ebenso wie sein bayerischer Kollege Thomas Goppel (CSU) eine Obergrenze von 500 Euro pro Semester, der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Peter Gaethgens schlug hingegen 1000 Euro pro Semester als Obergrenze vor. Mittelfristig, so Klaus Zimmermann, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, und Thomas Straubhaar, Präsident des Hamburger Weltwirtschaftsarchivs, werden die Gebühren sich bei noch höheren Beträgen einpendeln. Straubhaar geht dabei von einem Betrag zwischen ein- und zweitausend Euro aus, Zimmermann sogar von 2500.

Darüber, daß Regelungen für sozial schwächere zu treffen sind, ist man sich einig, hingegen noch nicht, wie diese aussehen sollen. Während die süddeutschen Länder den Studierenden einen verzinsten Kredit zur Zahlung der Studiengebühr zur Verfügung stellen wollen, geht der Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) noch weiter. Er will das BAFöG ganz abschaffen und die gesamten Lebens- und Studienkosten über einen solchen Kredit abdecken.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn stellte hingegen klar, daß sie und sie SPD-(mit-)regierten Bundesländer – also derzeit auch Sachsen – das gebührenfreie Erststudium erhalten wollen. Als Reaktion auf die zu erwartenden Abwanderungsbewegungen sprach sich die Ministerin für das Schweizer Modell des Ausgleichs zwischen den Bundesländern aus. Dort zahlen die Kantone in denen die Studenten vor Studienbeginn ihren Hauptwohnsitz hatten den Studienplatz. Als „Akt politischer Notwehr“ gegen eine mögliche Studentenschwemme an den gebührenfreien Hochschulen hat der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) angekündigt, Studiengebühren für Nicht-Landeskinder zu erheben, während Nordrhein-Westfahlen sich mit strengen NCs schützen will.

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