Mit dem Mut der Verzweiflung

Hierzulande haben Studierende zum nahenden Semesterende nur harte Prüfungen zu befürchten.

Ihre Kommilitonen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen hingegen erwarten mit dem neuen Semester Studiengebühren von bis zu 500 Euro pro Semester. Und damit werden sie bald nicht alleine sein. Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg werden zum Sommersemester 2007 nachziehen, Hessen und das Saarland zum Wintersemester 2007/2008. Damit vollendet die Mehrheit der unionsregierten Bundesländer den Prozeß, den sie mit der Verfassungsklage gegen das Gebührenverbot 2002 begonnen hatte.

Die Bundesrepublik wird in etwas mehr als einem Jahr an der Gebührenfront geteilt sein. Neun gebührenfreie Länder mit 27 Universitäten werden sieben Gebührenländern mit insgesamt 52 Unis gegenüberstehen. Wie groß die dadurch ausgelösten Wanderungsbewegungen der Studenten werden und ob sie die verbliebenen gebührenfreien Länder zum Bezahlstudium als Notbremse zwingen werden, ist heute noch nicht abzusehen.

Doch noch ist der Widerstand vorhanden. Gegen die Einführung von Studiengebühren gingen vor zwei Wochen knapp 15000 Studierende in Hamburg und Wiesbaden auf die Straße. Zu diesem gemeinsamen Aktionstag hatten das „Aktionsbündnis gegen Studiengebühren“ (ABS) und Aktive von mehr als 30 Hochschulen in ganz Deutschland aufgerufen.

Schon am vergangenen Donnerstag haben die Organisatoren ihre Aktionen nicht nur räumlich, sondern auch thematisch ausgeweitet. Auf einer Demonstration in Frankfurt am Main demonstrierten einige tausend Studierende aus ganz Deutschland gemeinsam mit einigen französischen Kommilitonen gegen Studiengebühren und für sichere Arbeitsverhältnisse. Getreu dem französischen Vorbild sollen auch Nichtstudenten für die Sache mobilisiert werden.

Ganz so friedlich, wie eigentlich geplant, blieb es jedoch nicht, als nach Demoende einige hundert Demonstranten versuchten, auf die A66 zu stürmen. Die anfangs völlig überrumpelte Polizei nahm mehr als 200 Studierende bei dem halsbrecherischen Versuch fest, die vielbefahrene Autobahn zu besetzen. Über mehrere Stunden blieb diese Hauptschlagader der Bankenmetropole deshalb aus Sicherheitsgründen gesperrt.

Währenddessen zeigt Hessen an, wohin die Reise gehen soll. Ab dem Wintersemester 2010/11 sollen dort Master-Studierende und „Nicht-EU/EWR-AusländerInnen“ bis zu 1500 Euro pro Semester berappen. Und der Betrag scheint nach oben offen. So hatte der Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) schon 2003 Gebühren von bis zu 2500 Euro pro Semester vorgeschlagen.

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