Über eine EU-Steuer und Hilfsgelder

Dienstagmorgen, Café Kästner. Das Telefon klingelt. Die Parteifreunde aus Österreich sind dran. Ja, natürlich werde er da sein. Das wird sein sechster Wahlkampf hintereinander. Frankreich, Ungarn, Deutschland, Österreich… Daniel Cohn-Bendit (Europäische Grüne/EFA) ist gefragt. „Ich kann das Wort Wahlkampf wirklich nicht mehr hören!“, sagt er lachend.

Seit Monaten ist der ehemalige Studentenführer und jetzige Ko-Fraktionschef der Europäischen Grünen auf Werbetour. Für die Grünen. Vor allem aber für Europa. Kaum ein anderer Europapolitiker ist so bekannt wie er. Kaum einer so sehr Europäer. In Frankreich geboren, hat er in Deutschland sein Abitur gemacht, in Nanterre studiert. Nach den Pariser Mai-Revolten 1968 aus Frankreich ausgewiesen, lebte und arbeitete er in Deutschland und in der Schweiz. Engagiert hat er sich schon immer überall. Seit 1994 ist er Europaabgeordneter der Grünen, erst der deutschen, jetzt der französischen.

Informieren will er über die Hochwasserhilfe der EU. 500 Millionen Euro sollen für Deutschland und Österreich kommen, baldmöglichst. Dazu kommen noch Gelder für Tschechien und Ungarn. „Das EU-Parlament hätte gern eine Milliarde beschlossen, aber die Komission musste bremsen. Das gibt der Haushalt einfach nicht her.“ Jetzt wird fleißig umgeschichtet. Das Geld muss beschafft werden. Aus dem laufenden Haushalt. „Wir befinden uns jetzt in einem Trialog zwischen Parlament, Rat und Kommission“, erläuterte DCB. Bis Anfang Oktober will die Komission einen konkreten Finanzierungsplan vorlegen. Darüber wird dann entschieden. Ende des Jahres kann das erste Geld fließen.

Schneller geht es in der EU nicht. Auch Hilfsgelder müssen erst beschafft werden. Das soll sich ändern, wenn es nach DCB und den Europäischen Grünen geht. „Wir haben vorgeschlagen, einen Europäischen Hilfsfond für Katastrophen zu schaffen.“ Zweckgebunden soll er sein und mit strengen Vergabekriterien versehen. „Aber dann haben wir wenigstens einen Topf, aus dem wir sofort helfen können. Vor allem können wir nicht immer nur umschichten, denn umschichten heißt ja, woanders das Geld zu streichen“, erklärt er, auch die neuesten Flutbilder aus Südfrankreich vor Augen. Finanziert werden soll der Topf aus den Geldern, die die EU nicht ausgibt. „Jährlich fließen Milliardenbeträge, die nicht abgefragt wurden, in die Mitgliedsstaaten zurück. Wenn wir nur einen Teil davon nehmen und damit über Jahre hinweg den Topf aufbauen, haben wir bald eine wirksame Hilfe. Auch bei den größten Katastrophen.“

„Wir müssen auch über die gesamte Finanzierung der EU neu nachdenken. Wir lügen uns doch in die Tasche, wenn wir glauben, wir könnten den EU-Haushalt gleich groß halten, wenn aus 15 Ländern 27 werden sollen.“ DCB’s Fazit ist eindeutig. Die EU braucht eigene Einnahmen, eine eigene Steuer.Über kurz oder lang führt nichts daran vorbei. Die Idee ist ein Einkommenssteueranhang, ähnlich dem Solidarzuschlag in Deutschland. „Steuergelder bekommt die EU sowieso. Es wäre ehrlicher, wenn die Menschen sehen, wohin ihre Gelder gehen“, so DCB. Die EU muss für ihre Bürger als Solidargemeinschaft erfahrbarer werden, so das erklärte Ziel. Die Millionen von Hilfs- und Fördergeldern sind keine abstrakten Summen. Es ist das Geld von Millionen hart arbeitenden Europäern. Noch bremsen die Nationalstaaten, aber DCB ist optimistisch. „In 5 oder 10 Jahren werden wir so etwas haben, es ist einfach das Logischste!“

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