Olympia – bekommen wir den Wassersport?

Olympia 2010 in Dresden. Eine Vision, die sich die Organisatoren auch nicht vom Hochwasser kaputtmachen wollen. Winfried Lehmann, Bürgermeister für Sport bei der Stadt, gibt sich fest entschlossen: „Wir halten am Standort des Olympiageländes fest.“ Zwar müsse über ein verbessertes Absicherungskonzept nachgedacht werden, wie das genau aussehen soll, kann er aber noch nicht sagen. „So ein Hochwasser kommt nur alle hundert Jahre vor“, sagt Lehmann, „und deshalb ist die Suche nach einem neuen Standort nicht notwendig“.

Wäre es aber nicht an der Zeit, umzuplanen, wo doch die Karte der Stadt eindeutig zeigt, dass das vorgesehene Olympiagelände am Ostragehege sowohl im Überflutungsgebietder Elbe als auch der Weißeritz liegt? Winfried Lehmann sieht das nicht so. „Dann müssten ja auch Semperoper und Hofkirche umgesetzt werden, denn auch diese sind Überflutungsgebiet“, verteidigt er seine resolute Einstellung. Anscheinend vergißt er hierbei, dass diese beiden Gebäude das Stadtbild schon seit zwei Jahrhunderten bestimmen und das Olympiadorf im Gegensatz dazu erst errichtet werden muss. Ein Planungswechsel scheint im Auge des objektiven Betrachters noch im Bereich des Möglichen.

„Eine Änderung der Sportstättenplanung zum jetzigen Zeitpunkt verbieten die Bewerbungsrichtlinien des NOK“, so Dirk Thärichen, Geschäftsführer der Leipziger Bewerbungs-GmbH gegenüber sz-online. Stefan Volknant vom NOK Deutschland bestätigt: „Die Nachreichungsfrist endete am 31. August 2002. Jetzt wird an Hand der vorliegenden Unterlagen entschieden.“ Ob eine Änderung des Standortes nach einer möglichen Entscheidung für Sachsen noch möglich sein könnte, wollte Volknant nicht bestätigen. „Das wäre auch den anderen Bewerbern gegenüber nicht fair. Die müssen ja davon ausgehen können, dass nur an Hand der vorliegenden Bewerbung entschieden wird und das nur die gilt.“

Konnte man das alles nicht erahnen? Ein kurzer Anruf beim Vermessungsamt genügt, um zu erfahren: „Ja, natürlich ist das Ostragehege Überschwemmungsgebiet! Aber hundertprozentig!“ Das weiß man dort nicht erst seit der Flut. Das dort das alte Bett der Weißeritz entlangführt, ist hinreichend bekannt. Und wie es aussieht, wenn die sich ihr Bett zurückholt, das mussten die Anwohner erst kürzlich leidvoll erfahren.

All das ist nicht neu. Die Stadt Dresden hat bereits am 11. Mai 2000 in einer Verordnung den Abriss der Eissporthalle und anderer Gebäude im Ostragehege beschlossen. Damit soll die Hochwassergefahr für die Stadt verringert werden. Eine neuerliche Bebauung an dieser Stelle wurde darin sogar ausdrücklich untersagt. Und doch soll genau an dieser Stelle nach der Bewerbung einmal der „Plaza der Nationen“ entstehen. Offenbar durch eine Ausnahmegenehmigung geregelt. Berücksichtigt man bei der Neuberechnung die Ereignisse der letzten Wochen, so dürfte sicher sein, dass Olympia in Dresden ins Hochwasserabflussgebiet gehört.

Als Dresden sich mit Leipzig um die Ausrichtung olympischer Spiele bewarb, war man sich aufgrund der Verordnung im Klaren, dass eine hochgradige Gefährdung bestimmter Teile des Ostrageheges besteht. Die Stadt ging offenbar bewusst das Risiko ein, dass sowohl die Zufahrtswege zum Olympiagelände als auch Teile des Standortes selbst bei einem mittleren geschätzten Hochwasser, berechnet nach den Durchschnittswerten des letzten Jahrhunderts, in den Fluten versinken.

Im Rathaus wollte man sich zu den eigenen Unzulänglichkeiten nicht äußern. Es müsse alles erst noch genau geprüft werden, hieß es. Das ist auch dringend notwendig, denn Klaus Brandenstein von Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft bestätigte gegenüber sz-online, dass staatliche und städtische Gebäude normalerweise nicht versichert werden. Das würde als bedeuten, dass allein der Steuerzahler für eventuelle Hochwasserschäden haften würde.

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