Strahlendes Jubiläum

Gemeinsam mit der TU feiert dieses Jahr auch eine außergewöhnliche Forschungseinrichtung in der Landeshauptstadt ihr Jubiläum. Der Ausbildungs- und Forschungskernreaktor (AKR-1) wurde vor nunmehr 25 Jahren in Betrieb genommen.

Der Zwerg steht seit 1978 in der ehemaligen Turbinenhalle des Heizkraftwerks der TU im Herzen des Campus – auf dem sogenannten „Kerngelände“. Unter der Regie der Professur für Kernenergietechnik der Fakultät Maschinenwesen der TU werden dort angehende Kernenergietechniker, Physiker und Physiklehrer in den praktischen Umgang mit Kernspaltung und Strahlung eingewiesen.

Den Reaktorstart und -betrieb können dort auch Studierende aller anderen Fachrichtungen im Rahmen des „studium generale“ durchführen und sich über Funktionsweise, Risiken und Nutzungsmöglichkeiten von Kernenergie in der heutigen Zeit informieren. Ähnliche Veranstaltungen gibt es auf Anmeldung auch für Schüler und andere interessierte Gruppen.

Obwohl selbst moderne Atombomben per Computersimulation gebaut und getestet werden verteidigt Dr. Wolfgang Hansen, Leiter des Ausbildungskernreaktors, seine Einrichtung. „Man könnte die Funktionsweisen des Regelschaltpultes zwar problemlos durch einen Computer simulieren lassen, aber dann würden die Studenten nie ein Gefühl für Strahlung und Sensibilität der Kernspaltung entwickeln. Ein Atomkraftwerk können sie nicht einfach neu starten, wenn etwas schief läuft.“ Vor allem aber erzeugt ein Computerprogramm keine radioaktive Strahlung.

Geforscht wird am AKR-1 aber genau damit. So untersuchen die Forscher gemeinsam mit dem Forschungszentrum in Rossendorf und der Hochschule Zittau/Görlitz die Langzeitwirkung von Strahlung auf Abschirmungsmaterialien, also die möglichen Alterserscheinungen von Reaktoren, um ihnen wirksam begegnen zu können.

Sie entwickeln auch einen Kritikalitätstester mit dem die internationale Atomenergiebehörde IAEO bei Kleinstreaktoren wie dem Dresdner TU-Reaktor überprüft, ob das radioaktive Material noch in dem Reaktor ist ohne ihn öffnen zu müssen. Eine wirkliche Gefahr geht vom AKR-1 trotz 795 Gramm hochradioaktivem Uran 235 in seinem Inneren nicht aus. Der Minireaktor wurde an der TU, aufbauend auf dem Prinzip des Siemens-Unterrichts-Reaktors „SUR 100“, entwickelt und zu Teilen auch in TU-Werkstätten gebaut.

Er ist, da er inmitten bewohnten Gebietes errichtet wurde, in allererster Linie auf Strahlensicherheit und Störungsresistenz konstruiert. Er erzeugt gerade einmal zwei Watt Leistung als Wärme.

Bei einem Ausfall aller elektronischen und der Blockierung sämtlicher technischen Sicherheitsmaßnahmen würde er sich in seinem Kern gerade einmal um 36 Grad Celsius erwärmen und sich auf Grund eines physikalischen Phänomens deaktivieren. Bei einem solchen, allerdings sehr theoretischen Zwischenfall könnte man selbst im Kern des Winzlings nicht einmal ein Ei kochen.

Die Strahlung ist durch Graphit und 75 Zentimeter dicken Spezialbeton so abgeschirmt, daß man außerhalb des Reaktors gerade einmal der doppelten Strahlendosis der normalen natürlichen Hintergrundstrahlung ausgesetzt ist. Außerhalb der Reaktorhalle ist kein Unterschied mehr zu messen.

„Man könnte sich ein ganzes Jahr direkt außen an den Reaktor lehnen und würde immer noch weniger Strahlung abbekommen als durch die Strahlenschutzverordnung erlaubt“, so Dr. Hansen. Zur Sicherheit dürfen auch nur über 16jährige und, obwohl nicht mehr vom Gesetz vorgeschrieben, nicht schwangere Frauen nach einer Sicherheitsprozedur in die Reaktorhalle.

Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen geht der AKR-1 im Frühjahr nächsten Jahres erst einmal vorübergehend außer Betrieb. Er wird als Teil eines Verfahrens zur Erteilung einer neuen Betriebsgenehmigung mit Bundes- und Landesmitteln auf den neuesten technischen Stand gebracht.

Denn bis zum heutigen Tag läuft der Mini-Reaktor noch mit einer DDR-Betriebsgenehmigung, die laut Einigungsvertrag am 30. Juli 2005 ausläuft. Ist die neue unbegrenzte Betriebsgenehmigung erst einmal durch das Bundesumweltministerium erteilt, so könnte der AKR-1 theoretisch ewig laufen, denn bei seiner geringen Leistung wird de facto kein Brennmaterial verbraucht.

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